Betriebsräte sind keine Co-Manager

In den letzten Jahren hat sich zunehmend eine Tendenz gezeigt, dass Betriebsräte nicht nur als Vertreter der Arbeitnehmerinteressen wahrgenommen werden, sondern sich immer mehr als „Partner“ oder „Co-Manager“ des Unternehmens verstehen. Dies ist eine gefährliche Entwicklung, die die Rolle der Betriebsräte grundlegend verändert und die Interessen der Arbeitnehmer schwächt. Betriebsräte müssen sich klar von jeglicher Arbeitgebernähe distanzieren und sich stets und in vollem Maße auf die Seite der Beschäftigten stellen. Nur so können sie ihren Auftrag, die Rechte der Arbeitnehmer zu schützen und die Mitbestimmung zu stärken, wahrnehmen.

Die Rolle des Betriebsrats

Das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) sieht den Betriebsrat als Vertreter der Interessen der Arbeitnehmer im Betrieb vor. Betriebsräte sind in erster Linie dazu da, die Arbeitsbedingungen zu verbessern, die Rechte der Beschäftigten zu schützen und eine funktionierende Mitbestimmung sicherzustellen. Sie haben eine klare Aufgabe: Sie sollen dafür sorgen, dass die Interessen der Arbeitnehmer gegenüber der Unternehmensführung gewahrt bleiben.

Leider hat sich in der Praxis eine gefährliche Entwicklung breitgemacht. Einige Betriebsräte und Betriebsratsvorsitzende, insbesondere in großen Unternehmen, sehen sich als Partner der Arbeitgeber und versuchen, ihre Arbeit in enger Zusammenarbeit mit der Unternehmensführung zu erledigen. Es entsteht der Eindruck, dass Betriebsräte die Interessen der Beschäftigten aus den Augen verlieren und versuchen, als „Co-Manager“ zu agieren, der das Unternehmen mitführt und mitverantwortet. Dies ist ein trügerisches Verständnis von Mitbestimmung und gefährdet die Rechte der Arbeitnehmer.

Arbeitgebernähe: Ein gefährlicher Irrweg

Die Nähe zu den Arbeitgebern kann auf verschiedenen Wegen entstehen. Oft wird sie durch den Wunsch, Kompromisse zu finden oder in betriebswirtschaftlichen Fragen mitzureden, verstärkt. Betriebsräte fühlen sich in ihrer Rolle als Vermittler zwischen den Interessen der Belegschaft und der Unternehmensführung legitimiert, Entscheidungen zu treffen, die angeblich beiden Seiten zugutekommen sollen. Doch diese Haltung ist gefährlich. Sie untergräbt nicht nur das Vertrauen der Beschäftigten, sondern führt auch zu Entscheidungen, die nicht im besten Interesse der Arbeitnehmer getroffen werden.

Ein Betriebsrat, der sich als Co-Manager versteht, riskiert, in die gleiche Richtung zu denken wie die Unternehmensführung. Statt die Interessen der Beschäftigten klar zu vertreten, wird er zum Puffer für die Arbeitgeberseite, was die Arbeitgeber dazu ermutigt, die Belegschaft noch mehr unter Druck zu setzen. In vielen Fällen werden dann Entscheidungen getroffen, die aus unternehmerischer Sicht als „notwendig“ erachtet werden, aber die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten verschlechtern.

Betriebsräte als Vertreter der Arbeitnehmer: Keine Kompromisse bei den Interessen

Betriebsräte dürfen niemals die Rolle des Unternehmenspartners einnehmen. Ihr Auftrag ist es, die Interessen der Beschäftigten zu vertreten – und diese Interessen gehen oftmals gegen die Ziele der Unternehmensführung. Die Aufgabe eines Betriebsrats ist es nicht, „den Mittelweg“ zu finden oder auf „Win-Win-Situationen“ hinzuarbeiten, sondern klar und kompromisslos für die Rechte der Arbeitnehmer zu kämpfen.

Ein Betriebsrat muss sich immer fragen: Was kommt den Beschäftigten zugute? Welche Entscheidung schützt ihre Rechte und verbessert ihre Arbeitsbedingungen? Die Interessen des Unternehmens müssen immer hinter den Interessen der Belegschaft zurückstehen. Betriebsräte müssen sich daher strikt von der Arbeitgeberseite abgrenzen und dürfen niemals in Versuchung geraten, „kooperativ“ oder „konstruktiv“ im Sinne des Unternehmens zu handeln, wenn dies auf Kosten der Arbeitnehmer geht.

Betriebsräte als aktive Akteure der Mitbestimmung

Die Mitbestimmung ist eine Errungenschaft, die nicht selbstverständlich ist und immer wieder verteidigt werden muss. Betriebsräte sind hier nicht nur als Berater oder Vermittler gefragt, sondern als aktive Akteure, die die Beschäftigten in allen relevanten Fragen mitbestimmen lassen. Sie müssen bei jeder Entscheidung die Frage stellen: „Wie wirkt sich diese Maßnahme auf die Rechte der Beschäftigten aus?“ Nur so können sie verhindern, dass Maßnahmen, die das Wohl der Arbeitnehmer gefährden, in die Tat umgesetzt werden.

Dabei müssen Betriebsräte auch den Mut haben, sich gegen die Unternehmensführung durchzusetzen. Dies bedeutet auch, dass sie zu unpopulären Entscheidungen stehen müssen, selbst wenn sie kurzfristig zu Konflikten führen könnten. Der Betriebsrat darf niemals als willfähriger Helfer des Unternehmens agieren, sondern muss die Belegschaft immer als Priorität ansehen. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, dass Betriebsräte aktiv und konsequent mit der Gewerkschaft zusammenarbeiten. Die Gewerkschaften sind die größten Interessenvertreter der Arbeitnehmer und bieten den Betriebsräten eine wichtige Unterstützung in ihrer Arbeit.

Die Gefahr des „Co-Managements“

Das „Co-Management“ ist eine Illusion, die den Betriebsräten schadet. Diese Rolle führt dazu, dass die Interessen der Arbeitnehmer in den Hintergrund treten. Oft wird von Seiten der Arbeitgeber suggeriert, dass man gemeinsam an Lösungen arbeiten kann, die „für alle“ gut sind. Doch in der Realität ist es so, dass die Unternehmen in erster Linie ihre eigenen wirtschaftlichen Ziele verfolgen und die Bedürfnisse der Beschäftigten oft als zweitrangig erachtet werden.

Betriebsräte müssen sich dieser Verführung widersetzen. Sie müssen sich als die Vertreter der Belegschaft begreifen und sich mit dieser klar positionieren. Jegliche Versuche, sich als „mitdenkender“ Partner des Unternehmens zu verstehen, sind falsch und gefährlich. Denn wer einmal die Grenze überschreitet und sich als Co-Manager begreift, wird irgendwann nicht mehr in der Lage sein, die Interessen der Arbeitnehmer objektiv zu vertreten. Die Gefahr besteht darin, dass man die Rechte der Beschäftigten durch vermeintlich „ausgewogene“ Entscheidungen verwässert.

Fazit

Betriebsräte sind nicht die Partner der Arbeitgeber – sie sind die Vertreter der Interessen der Beschäftigten. Ihre Aufgabe ist es, die Arbeitsbedingungen zu schützen, die Rechte der Arbeitnehmer zu wahren und die Mitbestimmung aktiv zu gestalten. Betriebsräte dürfen sich niemals als Co-Manager verstehen oder sich in eine Position begeben, in der sie die Arbeitgeberinteressen vertreten. Nur durch klare Abgrenzung von der Arbeitgeberseite und die konsequente Vertretung der Arbeitnehmerinteressen können sie ihrer Verantwortung gerecht werden. In einer Zeit, in der die Interessen der Arbeitnehmer zunehmend unter Druck geraten, müssen Betriebsräte mutig und entschlossen auftreten und sich immer zu 100% an die Seite der Beschäftigten stellen.

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